Borgward-Bilder erzählen: Ausgabe 14
Eine kleine Geschichte von Raum und Zeit
So sah es aus in einer analogen und schwarzweißen Welt, wenn ein Autohersteller auf den großen Innenraum seines neuen Mittelklassewagens aufmerksam machte. Es war wohl 1950, als Borgward diese sorgfältig inszenierte Fotomontage an die Presse verschickte, und tatsächlich: Der Hansa 1500 war nicht nur das modernste deutsche Auto seiner Zeit, sondern auch der geräumigste Wagen seiner Klasse. Wer einen vollwertigen Sechssitzer haben wollte, musste ansonsten schon zum Opel Kapitän, dem französischen Ford Vedette oder einem amerikanischen Wagen greifen, und alle waren sie in Kauf und Unterhalt viel teurer als der 1,5-Liter aus Bremen.
Das sollten die Autofahrer da draußen erfahren, auch wenn die Borgward-Werbeabteilung wenig Geld hatte, weshalb die Reklameexperten des Bremer Hauses auch als Fotomodelle fungierten: Vorne links beispielsweise sitzt der junge Mann, der die Idee zum Bild hatte. Der Werbeassistent Hermann Ritter (1929-2004) hatte 1949 bei Borgward angefangen. Zu seinen Aufgaben gehörte unter anderem die Einsatzplanung der Werksfotografen. Er machte seinen Job mit Leidenschaft, weshalb er eine größere Anzahl von Werks- und Werbefotos als Referenz mit nach Hause nahm.
Bis 1959 blieb er bei Borgward, wechselte dann in eine große Werbeagentur und wurde zuvor von seinen Bremer Kollegen gefragt, ob er sich das wirklich gut überlegt habe. Bei Borgward habe er schließlich eine Lebensstellung. Er hat damit gerechnet, womöglich wieder zurückkommen zu können, sagt Hermann Ritters Frau. Statt dessen machte sich der junge Familienvater mit einem Werbeartikel-Vertrieb selbstständig.
Sein erster Firmenwagen war Ehrensache eine Isabella de luxe, der zweite schon ein Peugeot 404. Borgward gab es nicht mehr, aber seinen Anteil an Borgwards Erfolg, den bewahrte Hermann Ritter ein Leben lang auf. So können wir heute zeigen, wie vor 60 Jahren ein fortschrittliches Werbefoto aussah. CST
Foto: Archiv Christian Steiger/Nachlass Hermann Ritter